Auf zum Leuchtturm
Vergangenen Freitag, den 19.02.2021, war ich mit meiner Freundin auf dem weg zum süd-westlichsten Punkt auf Teneriffa, um uns dort einen Leuchtturm anzuschauen. Der Weg dorthin war bereits ein kleines Abenteuer, denn ihr müsst wissen, dass Teneriffa eine Vulkaninsel ist und somit ziemlich viele Berge, Hügel und steile Hänge besitzt. Wir hingegen besitzen nur einen kleinen Toyota Yaris, der so aussieht als hätten ein Renault Twingo und ein Smart ein Kind gezeugt, das besonders viel Liebe und Zuneigung braucht. Nachdem die Autobahn (oder auf Spanisch „Autopista“ – klingt tausend Mal besser als Autobahn) sein Ende erreichte, kämpften wir uns mit unserem kleinen, hilfsbedürftigen Toyota die extrem steilen und Kurvigen Hänge hinauf und brachten unseren Motor mit seinen gefühlten 2 PS so richtig ins Schwitzen. Nach insgesamt 1 ½ Stunden anstrengender und schwindelerregender Fahrt waren wir kurz vor unserem Ziel. Laut Navi brauchten wir noch 10 Minuten für ca. 5 Km Strecke. Und dann war plötzlich die Straße vor uns gesperrt.
Eine Schranke blockierte die rechte Fahrbahn. Auf der linken Seite standen orangefarbigen Straßenhütchen auf dem Asphalt. Daneben ragte sich ein riesiges Schild in die Höhe mit der Aufschrift: „No Automobil Amigo“ – oder sowas in der Art (mein Spanisch ist nicht besonders gut). Aber wir konnten auf jeden Fall klar erkennen, dass wir hier mit unserem Auto nicht weiterfahren durften. Am Straßenrand stand ein kleines Holzhäuschen mit kleinem Fenster und offener Tür, das gerade einmal Platz bot für einen Stuhl und einen Tisch. Davor stand ein Mann mit orangener Warnweste, verspiegelter Sonnenbrille, kurzer Borstenfrisur, kantigem Gesicht und grimmigem Blick. Dieser Typ wirkte unfassbar gemein und unsympathisch. Daher beschlossen wir erstmal rechts ran zu fahren und uns in unserer kleinen Metalldose in Sicherheit zu wiegen. Eine erste Enttäuschung stieg in uns auf, denn wir waren so kurz vor unserem Ziel und dann wurde uns einfach die Weiterfahrt verwehrt. Wir googelten erstmal, ob und wie wir denn doch noch zu dem Leuchtturm kommen konnten, bevor wir diesen grimmigen Spanier fragen mussten. Eine Option wäre es zu Laufen, doch das würde eine knappe Stunde dauern und es war bereits 16:00 Uhr. Wir wollten nicht 2 Stunden für Hin- und Rückweg vergeuden, obwohl wir in 10 Minuten mit dem Auto hätten da sein können. Auf die Schnelle fanden wir im Internet auch keine Erklärung, weshalb die Straße hier gesperrt war. Also blieb uns nichts anderes übrig als auszusteigen und den angsteinflößenden Spanier zu fragen. Zögerlich gingen wir auf das Häuschen zu. Auf dem Weg versuchte ich mir die passenden Worte in meinem Kopf zurechtzulegen. Dann standen wir vor ihm.
Meine Vorurteile
„Hola!“ sagte ich leise und fragte ihn ängstlich auf Englisch, wie wir denn zu dem Leuchtturm gelangen. Als ich zu ihm sprach, schaute er mich mit seinem kantigen Gesicht und eiserner Miene an. Und dann geschah es. Der grimmige Spanier entpuppte sich als der freundlichste, netteste und liebenswürdigste Mensch, dem ich je begegnet bin. Sein Gesicht hellte auf, ein freundliches Lächeln zeigte sich und er erklärte uns mit ruhiger und gleichzeitig enthusiastischer Stimme, dass man ab hier leider nicht mehr mit dem Auto weiterfahren darf. Nur zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Bus, aus der nahegelegenen Stadt, komme man zu dem Leuchtturm. Und als er sprach und uns alles erklärte, dachte ich, was für ein Vollidiot ich doch bin. Wie konnte ich diesen freundlichen, netten und liebevollen Menschen nur aufgrund seines Aussehens verurteilen und mir solch negative Vorurteile gegenüber ihn aufbauen. Er war so unfassbar hilfsbereit uns gegenüber. Er erklärte uns mit freundlichen Gesten, wie wir zur nächsten Bushaltestelle gelangen und dass die Fahrt nur einen Euro kostete. Was für ein unglaublich netter Mensch dachte ich. Das ist so einer, mit dem kann man Hand in Hand am Strand bei Sonnenuntergang im nassen Sand entlanghüpfen und dabei „Call Me Maybe“ von Carly Rae Jepsen singen (#nohomo).
Die Menschen sind eigentlich alle freundlich
Wir sind dann mit dem Auto in die nächste Stadt – Bellvista del Norte – gefahren und von dort aus dann mit dem Bus weiter zum Leuchtturm. Die Straße dorthin war so eng und kurvig, sodass es Sinn macht, sie nur für den Busverkehr offen zu lassen. Die Aussicht beim Leuchtturm war übrigens extrem schön. Wir sind dann nach knapp einer Stunde mit dem letzten Bus wieder zurück zur Stadt und von dort aus wieder nach Hause gefahren.
Auf dem Rückweg habe ich viel über meine Vorurteile gegenüber dem Straßenbewacher nachgedacht. Meine Gedanken waren falsch. Aber es ist auch menschlich sich solche Gedanken zu machen. Zukünftig werde ich mehr darauf achten mir nicht mehr solche Vorurteile gegenüber anderen Menschen aufzubauen. Denn ich weiß mittlerweile, dass der Großteil der Menschen im Grunde gut ist. Sie sind freundlich und nett und wollen dir nichts Böses. Ganz im Gegenteil. Eigentlich hilft doch jede/jeder, wo er/sie kann.