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Das Meer – ein ungewöhnlicher Lehrer

Jeder Tag, jede Situation, jeder Moment ist dein Lehrer. Du musst nur offen und empfänglich für die Lehren sein.

Ich habe mir einen meiner größten Träume erfüllt und lebe momentan als Digitaler Nomade und reise von Land zu Land. Gestartet bin ich in Portugal, wo ich bereits viele Lehren in verschiedenen Situationen und Momenten erleben durfte. Einer war für mich jedoch wirklich besonders. Er war deshalb so besonders, weil er so simpel, wie genial war.

Ich war am Sonntagnachmittag, nach einer langen Woche, am Strand und habe die Sonne, das Meer und den Wind genossen. Ich ging ans Wasser, stellte mich knöcheltief in das kühle Nass und genoss die pulsierenden Wellen. Dort stand ich eine Zeit lang, schloss die Augen und meditierte. Mein Atem passte sich den Bewegungen der Wellen an, ich lauschte dem Meer, wie es sich auf dem Sand ergoss und ich spürte den Wind meinen Körper streicheln. Ich öffnetete mich für Neues und war bereit vom Meer zu lernen. Ich wollte etwas Neues ausprobieren, also versuchte ich im Gehen zu meditieren. Ich ging also am Strand entlang spazieren, die Füße im Rhythmus vom Meer und Sonne umschwemmen und trocknen. Am Anfang waren die Wellen sanft und friedlich. Sie ließen meine Füße ohne Probleme durch sie hindurchgleiten; ließen mich passieren. Ich meditierte im Gehen. War weiterhin offen für neue Erkenntnisse.

Man muss nur richtig hinschauen

Nach wenigen Metern bemerkte ich eine große Welle anbrausen. Ich ging weiter. Schritt für Schritt, wie meine vorherigen. Die Welle prasste gegen meine Füße, gegen meine Beine, gegen meine Kniee. Sie brachte mich ins Wanken. Aus meinen gewohnten Schrittekonzept. Ich musste meinen Gang korrigieren, meine Schritte anders setzen, um nicht von der Welle umgeworfen zu werden. Als ich mich gefasst hatte und ich nun deutlich tiefer im Wasser stand als bislang, zog sich das Wasser wieder zurück, schneller als noch wenige Meter zuvor. Mir wurde der Sand unter meinen Solen abgetragen, der Boden wurde mir buchstäblich unter den Füßen entzogen. Auch hier musste ich meinen Gang wieder anpassen, meine Schritte kleiner machen, um nicht zu fallen.

Das Ganze spiele sich in wenigen Sekunden ab. Ich hatte kaum Zeit zu überlegen, hatte gerade einen Moment lang zu reagieren. Danach verstand ich, wie die Welle sich gegen meine Beine stürzt und mir im nächsten Moment, den Boden entzieht. Ich ging weiter, sah die nächste große Welle sich auftürmen. Diesmal passte ich im Voraus meinen Gang an, machte kleinere Schritte, drehte meine Körper ein und empfing die Wucht der Welle mit einer anderen Haltung. Wo ich gerade noch zu kämpfen hatte nicht umzufallen, konnte ich nun bei fast gleichbleibendem Tempo weitergehen. Ich war schlauer als zuvor. Ich hatte aus der vorherigen Welle gelernt.

Ich ging weiter, sah die nächste Welle ankommen und entschied mich diesmal für eine komplett andere Herangehensweise. Ich blieb stehen; ließ mich vom Wasser umschlingen und wartete bis es mich wieder freiließ. Keine Bewegung, sondern Stillstand. Kein Wanken, sondern fester Stand.

Ich schritt weiter voran, testete weitere Variationen und lernte mit dem Meer umzugehen. Dann sah ich etwas Faszinierendes. Ein Fels, in etwa so groß wie eine Wassermelone, lag dort vor mir im Sand. Das Wasser umspülte ihn, verschlang ihn und ließ ihn wieder frei. Der Aufprall der Wellen ließ das Wasser nach oben spritzen und demonstrierte dabei seine Macht. Beim Zurückziehen, ließ es den Stein Stück für Stück weiter im Sand versinken, indem es den Boden nach und nach weiter abtrug. Der Fels wirkte an seinem Platz sicher und trotzte den Angriffen des Wassers, obwohl er bereits durch zahlreiche Einkerbungen und Löcher vom Meer gezeichnet war. Dann geschah es. Das Wasser türmte sich auf, bündelte seine Kraft und schoss mit voller Wucht gegen den knallharten Verteidiger. Der Fels hatte keine Chance – das Wasser prallte gegen seine Front, spülte ihn den Boden hinfort und presse ihn in Richtung Strand, wobei sich der Stein mehrfach überschlug.

Das Wasser zog den Stein nach einiger Zeit wieder zu sich heran, ließ ihn sich erneut im Sand vergraben, bis ihn die nächste riesige Welle nach hinten warf. Ich schaute mir das Spektakel an und verstand den scheinbar ewigen Kampf zwischen Felsen und Meer. Je länger der Kampf andauern wird, desto schlechter wird es um den Felsen stehen, weil das Meer unaufhörlich und mit unendlicher Geduld auf den Stein einschlagen wird, bis er irgendwann nicht mehr als ein Sandkorn sein wird.

Was habe ich gelernt?

Dieser Spaziergang am Strand mit all seinen Momenten, war mein Lehrer. Er lehrte mich, dass es kleine und harmlose Herausforderungen im Leben gibt, die ich ohne viel Mühe und Aufwand bewältigen kann. Es gibt große und harte Aufgaben, die mich aus der Bahn werfen, wenn ich meinen bisherigen Kurs nicht anpasse und gegensteuere. Solche Aufgaben lassen mich wachsen, lassen mich klüger und weiser werden, sodass ich besser auf zukünftige vorbereitet bin und diese schneller und besser bewältigen kann. Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen mit solchen Problemen umzugehen, vom Stillstehen und gar nichts tun, über kleinere Schritte machen, bis hin zu die Beinen anheben und mehr Mühe aufwenden.

Der Stein war mir ebenfalls ein guter Lehrer. Er zeigte mir, dass egal wie fest du glaubst zu stehen, egal, wie tief du dich eingegraben hast und dich am Boden festklammerst, es gibt immer etwas, das dich umwirft. Es ist vielleicht besser mit dem Strom zu fließen und sich der Gegebenheiten anzupassen, als immer wieder das gleiche zu versuchen, ohne merklichen Erfolg.

Sei offen für solche Lehren. Nicht jeder kann sie gleich erkennen oder die richtigen Schlüsse daraus ziehen, doch sie sind da. Immer. Zu jeder Zeit und in jeder Situation.

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